Die Geschichte der St.-Annen-Kirche

Der Bau

Die St.-Annen-Kirche ist eine Dorfkirche aus Feldsteinen und Ziegeln. Ihr erster Bau ist wahrscheinlich zwischen 1215 und 1225 errichtet worden. Ein einfacher Saal mit einer flachen Holzbalkendecke, das heutige Kirchenschiff, und eine Apsis sind ab 1270 zu vermuten. Der spätgotische Choranbau und der Gruftanbau im Norden sind Ende des 15. Jahrhunderts entstanden. Wenig später zu Beginn des 16. Jahrhunderts (1515) erfolgte auch die Einwölbung des Kirchenschiffs in der Höhe des Chores. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kirche in Mitleidenschaft gezogen, erhalten blieb jedoch ihre ursprüngliche Gestalt, der Bau selbst und große Teile des Dachwerkes stammen aus der Zeit vor dem großen Krieg. In den 1670er Jahren beseitigte der Gutsherr Cuno Hans von Willmersdorf die Kriegsschäden: Im Innern erhielt die Kirche eine Empore und zur Wiedereinweihung 1679 wurde die Holzkanzel in bäuerlicher Spätrenaissance gestiftet. Auch der Turmaufsatz wurde in anderer Form wieder errichtet.

Von 1832 bis 1849 war auf dem Dach über der Glockenstube die zweite Relaisstation des Optischen Zeigertelegrafen, des sogenannten Armtelegraphen, Berlin–Koblenz untergebracht. 1854 wurde auf der ehemaligen Wachstube ein kleines Türmchen aufgesetzt. 1905/06 wurde die Kirche renoviert, die alte Südpforte zugemauert und der Gruftanbau zur Sakristei umgebaut. Die Kirche erhielt elektrische Beleuchtung und Luftheizung und im ganzen Kirchenschiff Kirchenbänke. Auf der Empore wurde eine Orgel eingebaut.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Turm und Glockenstuhl zerschossen, eine Granate riss in der Westwand neben der Eingangstür ein großes Loch, der Luftdruck deckte das Dach ab und zerstörte die wertvollen Kirchenfenster. 1953 war die Kirche wiederhergestellt, das Turmdach erhielt die Form einer Pyramide.
 

Kunstwerke und Ausstattung

Auf dem Altar steht ein Kreuzigungsbild, eine Leihgabe aus der Berliner Klosterkirche. Es wird dem Meister des Berliner Totentanzes zugeschrieben und aufgrund einer Untersuchung der Holztafeln, auf die das Bild gemalt ist, auf 1490 datiert.

Die moderne Kreuzigungsplastik über der Südtür stammt von dem Berliner Bildhauer Bernhard Heiliger (1915–1995). Sie war ursprünglich für die neu errichtete Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bestimmt, wurde aber von dessen Gemeindekirchenrat abgelehnt. 1983 stellte Heiliger die Plastik der Kirchengemeinde Dahlem zu einem symbolischen Preis zur Verfügung.

Das »Triptychon für Auschwitz« an der rechten Chorwand stammt von der deutsch-israelischen Künstlerin Doris Pollatschek. Sie wurde 1928 in Barmen geboren, durchlebte Flucht und Verfolgung in den Jahren 1933 bis 1945 im Ausland, konnte sich schließlich ab 1981 in Jerusalem eine Existenz aufbauen und starb 2002 in Berlin. Das Keramik-Relief wurde 1992 erworben.

Gegenüber an der Nordwand des Chores hängt ein Altarschrein mit bunt gefassten und vergoldeten Heiligenfiguren. Der Schnitzaltar der sächsisch-thüringischen Schule stammt aus dem Mansfelder Raum und ist um 1500 angefertigt worden. Wahrscheinlich kam er schon bald darauf in die Dahlemer Kirche und wurde vermutlich 1679 in den mit Gemälden und Anbauten verzierten Renaissancealtar eingebaut. Der Originalschrein mit seinen Klappflügeln und Gemälden im Stil der Cranachschule ging 1945 verloren, der heutige Schrein ist eine nicht klappbare Nachbildung. Die Hauptfigur im Mittelfeld ist die heilige Anna Selbdritt. Anna ist die Mutter der Maria, die sie auf dem einen Arm hält, auf dem anderen das Jesuskind mit der Weltkugel. Mit Sicherheit sind die Apostel Petrus und Paulus zu bestimmen, mit großer Wahrscheinlichkeit die vier Märtyrerinnen Barbara, Katharina, Dorothea und Margareta.

Die heilige Anna ist auch auf dem gotischen Freskenzyklus links neben der Kanzel dargestellt. Die Wandmalereien sollen nach dem Urteil von Prof. E. Berckenhagen Ende des 14. Jahrhunderts von böhmischen Wanderkünstlern gemalt worden seien und seien das bisher älteste Beispiel von Malerei in Berlin. In der Reformationszeit wurden sie übertüncht und 1893 durch Zufall entdeckt. Sehr unsachgemäß bloßgelegt wurden sie 1905/06 restauriert, doch führte die Auffrischung der Farben zu fortschreitendem Verfall. Deshalb wurden die verblassten Reste 1936–1939 und 1951 nur noch vorsichtig gereinigt und fixiert. Links neben dem Pfeiler ist eine Marienkrönung zu sehen, daneben vom Pfeiler zerschnitten drei Heiligengestalten. Auf der gegenüberliegenden Wand sind nur noch wenige Reste vorhanden. Die Fresken zeigten den leidenden Jesus und den auferstandenen Christus.

Das linke Glasfenster der Südwand wurde 1951 von Prof. Kirchberger aus Berlin-Zehlendorf geschaffen. Es zeigt in den fünf oberen Feldern die Symbole der vier Evangelisten und des Heiligen Geistes, in den neun unteren Feldern die Leidensgeschichte Jesu. Das rechte Fenster, 1964 von Prof. Kowalski aus Berlin-Zehlendorf geschaffen, enthält Darstellungen der Schöpfungsgeschichte und des Gleichnisses vom »Barmherzigen Samariter«.

Die kunstgeschmiedeten Kronleuchter wurden 1906 von Karl Weiß in Karlsruhe hergestellt. Der geschnitzte Taufständer stammt aus derselben Zeit. Die jetzige Orgel wurde von der Werkstatt Hammer in Hannover gebaut und 1974 aufgestellt.

Die Kirche erhielt 1922 zwei Stahlglocken; die größere auf den Ton »g« gestimmt überstand den Krieg, die kleinere wurde 1945 zerschossen und 1950 durch eine neue auf »b« gestimmte ersetzt, die der ehemalige Kirchenälteste Dr. Otto Lerche stiftete.

An den Chorwänden hinter dem Altar lehnen drei große Grabplatten der Familie von Willmerstorff, der das Gut Dahlem gehörte: für den Landrat des Kreises Teltow Cuno Hanß von Willmerstorff († 1720), für seine Ehefrau Catharina Elisabeth aus dem Haus von Hacken (Hake in Kleinmachnow) († 1711) und für ihren Sohn Georg Friedrich († 1714).


Literatur:
Gundolf Herz
: Die St.-Annen-Kirche in Berlin-Dahlem, DKV-Kunstführer Nr. 376/0, zweite, veränderte Auflage München/Berlin (2000).

 

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