Geschichte der Jesus-Christus-Kirche

Noch bevor die Kirchengemeinde Dahlem 1908 selbständig wurde, hatte bereits 1903 die Kolonie­genehmigungsurkunde der „Kommission zur Aufteilung der Domäne Dahlem“ den Bau von zwei neuen Kirchen vorgesehen. Das erwartete Bevölkerungswachstum stellte sich ein und die mittelalterliche St. Annen-Kirche wurde schon bald zu klein für die zunehmende Zahl von Gottesdienstbesuchern. So schrieb die Gemeinde einen Architekten-Wettbewerb zum Bau einer zweiten Kirche aus. Diesen gewann am 15. März 1914 Heinrich Straumer mit einem Entwurf, dessen Umsetzung jedoch durch den Beginn des 1. Weltkrieges verhindert wurde.
Erst nachdem 1927 das Gemeindehaus in der heutigen Thielallee 1+3 fertiggestellt worden war, nahmen die Planungen zum Bau einer zweiten Kirche wieder konkrete Formen an. Maßgeblich für die Rahmenbedingungen der Wettbewerbsausschreibung war Ludwig Bartning, Professor an der Hochschule der Künste und Kirchmeister der Gemeinde. Seine Vorliebe für die Richtungskirche mit einem dem Eingang gegenüberliegenden Altar und seine gleichzeitige Vernachlässigung der Bedeutung der Kanzel prägten die Ausschreibung vom November 1928. Insgesamt sollte das Bauprogramm eine Kirche mit der dreifachen Fassungskraft der St. Annen-Kirche, ein Pfarrhaus, eine Wohnung für einen festanzustellenden Organisten, eine Kirchendienerwohnung sowie einen Versammlungsraum umfassen. Den Wettbewerb gewann im März 1929 der Dahlemer Architekt Jürgen Bachmann, dessen Büro auch mit der Ausführung des Baus beauftragt wurde.

Die Bauausführung

In wirtschaftlich angespannten Zeiten mussten noch während der Bauphase erhebliche Einsparungen vorgenommen und schließlich die Errichtung des zweiten Wohnhauses verschoben werden. So konnten die anfänglichen Kosten von über 1.000.000 RM auf letztlich 875.000 RM gesenkt werden, die auch nur mit großem Verhandlungsgeschick zusammengebracht wurden.

Am 18. Oktober 1930 schließlich wurde der Grundstein gelegt. Da mit einer kurzen Bauzeit gerechnet wurde, sah der Gemeindekirchenrat davon ab, Einladungen an die Behörden und auswärtigen Gäste auszusprechen.
Das Gemeindeblatt Nr. 40 vom 5. Oktober 1930 druckt die Urkunde aus dem Grundstein ab und vermerkt zum weiteren Inhalt:
„Zu dieser Urkunde wurden in die Kupferkapsel gelegt: Geldmünzen von 1930 und zwar 1 Dreimarkstück und ein Fünfmarkstück, die anlässlich der Rheinlandbefreiung geprägt sind, ein Zeppelintaler zum Weltflug, ein Jubiläumstaler mit dem Bilde Walters von der Vogelweide und von den gewöhnlichen Münzen je ein Stück von 1 Pfennig bis zu 5 Mark in neuester Prägung; ferner 2 Bilder von der st. Annenkirche, ein Plan von Dahlem nach dem jetzigen Stande, mehrere Exemplare des Gemeindeblattes und der Dahlemer nachrichten und ein Sträußchen Kornähren, das Frau Regierungsrat Rode im vergangenen Jahre von der letzten Ernte auf dem Kirchengrundstück gesammelt hat.“

Das Richtfest der Kirche fiel auf Anregung von Pfarrer Röhricht aus, der in einem Brief im Dezember 1930 vorschlug, von der üblichen Feier abzusehen und statt dessen die Mittel der Arbeiterschaft zukommen zu lassen - "im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsfest".
Schon seit Herbst 1929 war Professor Johannes Biehle als Berater in den nicht unproblema­tischen Akustikfragen tätig. Dies hat letztlich zu einer hervorragenden Akustik in der Kirche geführt, vor allem durch die Gestaltung der bis zu 22m hohen Decke im Kirchenschiff.

Zur Innenraumgestaltung schreibt der Architekt:
„Der Raum hat helle Wände und eine dunkle Decke. Die Altarwand schmückt ein großer Schriftteppich (das Glaubensbekenntnis). Im übrigen ist das Holz des Gestühls und der Orgelempore farbig behandelt. Durch Ersparnis bei der Bauausführung wurde es möglich, die Fenster mit farbiger Bleiverglasung zu versehen, die eine neuartige Auswirkung der Rautenteilung darstellen und trotz ihrer verhältnismäßig billigen Herstellung einen außerordentlichen Reichtum sowohl der Teilung wie in der Farbe zeigen.“ Der Altarraum hat einen Belag aus Muschelkalkstein erhalten auf dem sich das 10 Meter hohe Altarkreuz erhebt. Er besitzt keinen festen Taufstein, da ursprünglich eine kleine Taufkapelle im angebauten Gemeindehaus geplant war. Die Kanzel war letztlich auch aus akustischen Gründen ganz in die Ecke des Kirchenschiffes gerückt worden. Die künstliche Beleuchtung durch freihängende Lampen lässt das Licht hauptsächlich nach unten strahlen. Dadurch entsteht eine wirkungsvolle Raumstimmung, unten hell, nach oben sich verdunkelnd.

Auf eine neue Orgel wurde verzichtet und dafür die alte aus dem Gemeindehaus in der Thielallee durch die Firma Sauer aus Frankfurt /Oder in die Kirche umgesetzt.

Der Turm, als ein Wahrzeichen Dahlems geplant und auf die sich kreuzenden Sichtachsen der aus Wilmersdorf und Zehlendorf kommenden U-Bahnen gestellt, erhebt sich rund 50 m, wenn man bis zur obersten Spitze des früher angestrahlten Kreuzes misst. In ihm hingen vier Bronzeglocken, die auf die Töne h, dis, gis und fis gestimmt waren und elektrisch geläutet wurden.
Bei der Steinauswahl hatte der Architekt bewusst auf hellrote Klinker zurückgegriffen, die in den Farbtönen von gelb bis braunrot spielen, um so ein besseres Zusammengehen mit den Putzflächen der umliegenden Villen und dem Grün der Parkanlagen zu erreichen.

Die große ungegliederte Giebelfläche im Eingangsbereich erhielt eine Plastik des Bildhauers Ludwig Isenbeck mit dem Titel „Christus segnet die Gemeinde“.

Umbauten

Noch im Krieg wurden die vier Bronzeglocken beschlagnahmt und eingeschmolzen. Sie wurden 1948 durch eine einzelne Glocke vom „Glockenfriedhof“ in Hamburg ersetzt. Diese Leihgabe stürzte jedoch am 20. August 1953 aus ungeklärter Ursache ab. Erst am 31. Januar 1954 wurden neue von der Berliner Firma Weeren hergestellte Stahlglocken (mit ursprünglicher Stimmung) in einem Gottesdienst eingeführt.

Bereits in den Bombennächten waren die großen Fensterfronten zerstört worden und dabei auch Dach und Innenputz beschädigt worden. Die Kirche konnte nach 1945 zwei Jahre nicht genutzt werden und so wurden die Gottesdienste im gegenüberliegenden Haus Faradayweg 10 gehalten.

1949 wurde unter der Empore die sog. Winterkirche eingebaut. Zu diesem Zweck wurde die Empore weiter in den Raum hineingezogen und von dem beschädigten Kirchenraum abgetrennt. Nachdem 1952 die Fensteröffnungen provisorisch geschlossen und das Dach repariert waren, konnte der Kirchenraum wieder genutzt werden.

Damals entdeckten die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Wilhelm Furtwängler bei einem Dankkonzert die außergewöhnliche Akustik der Kirche. Damit begann die Nutzung des Kirchenraums für Tonaufnahmen. Der Rias (jetzt Deutschlandradio Kultur) installierte in dem früheren Garderobenraum der Kirche ein Tonstudio. Später folgten der Einbau der Küche und des Rückzugsraums für die Musiker in der früheren Winterkirche unter der Empore.

Die neuen Glasfenster von Götz Löpelmann wurden 1961 eingeweiht. 1970 erfolgte der Einbau der neuen Orgel der Firma Hammer.

Literatur:

Thomas Leiberg: Jesus-Christus-Kirche Berlin-Dahlem. Baugeschichte und Gemeindegeschichte 1912-1961, Berlin (1991).

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